New-Work-Projekte sind Veränderungen, die gesteuert werden müssen. Der Bau eines neuen Bürogebäudes, die Entwicklung neuer Raumkonzepte oder der Umbau von Einzel- in Großraumbüros zählen dazu. Andernfalls bergen sie sozialen und emotionalen Zündstoff. Jeder Vorstand oder jede Geschäftsführung ist daher gut beraten, bereits bei der Planung neuer Arbeitswelten Change Management zu integrieren und somit die Beschäftigten aktiv zu beteiligen. Sie denken, das ist doch selbstverständlich? Weit gefehlt! Als viadoo Change Guides erleben wir es leider immer wieder, dass der Liste gescheiterter Veränderungsvorhaben auch solche aus dem Bereich New-Work hinzugefügt werden müssen.
Unter New-Work-Enthusiasten sind zum Beispiel offene, mobile und flexible Arbeitsstrukturen mit oftmals nicht fest zugeordneten Arbeitsplätzen beliebt. Diese Vorliebe teilen auch sicher etliche Mitarbeitende der White-Collar-Fraktion. Doch in aller Regel gibt es auch Gegner einer solchen Struktur. Wer als Arbeitgeber dennoch solch ein Raumkonzept über seine Belegschaft stülpen möchte, wird einen Teil seiner wertvollen Fachkräfte verunsichern oder gar verlieren. Nämlich all jene, die den Wunsch hegen, sich ihren Arbeitsplatz individuell zu gestalten und ihrer Arbeit in einer ihnen vertrauten und möglichst ruhigen Umgebung nachgehen zu können.
Gescheitertes New-Work-Beispiel eines KMU
In einem mittelständischen Unternehmen lief ein solcher Plan aus dem Ruder: Die dortige Geschäftsleitung wollte, dass eine 30-köpfige Abteilung von Einzelbüros auf eine Teamfläche (Großraumbüro) umzieht. Sie war von ihrem Open-Office-Konzept derart überzeugt, dass sie Gegenargumente beharrlich beiseite schob und Betroffene nicht in das Veränderungsvorhaben einband. Der Ton der Auseinandersetzung verschärfte sich zunehmend. Sie wurde zum Teil per großem E-Mail-Verteiler ausgetragen. Während dessen schaffte die Geschäftsleitung Fakten, indem sie den Umbau über die Köpfe der Beteiligten hinweg vorantrieb.
Betriebsrat von der Anhörung zur Mitbestimmung
Sie lenkte erst nach rund zwölf Wochen ein. Denn dann schaltete sich der Betriebsrat ein, der bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten gemäß §90 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zunächst nur ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht hat. Doch in einer Unterschriftenaktion machten zwei Drittel der Betroffenen geltend, dass sie die geplante neu Arbeitsumgebung in besonderer Weise belaste. Damit war eine Voraussetzung für den §91 BetrVG gegeben. Dieser räumt dem Betriebsrat in diesen Fällen ein klares Mitbestimmungsrecht bis zum Anrufen der Einigungsstelle ein.
Vertrauensverlust und Abwanderung von Fachkräften
Erst in dieser Situation gab die Geschäftsführung nach. Sie stellte es allen Mitgliedern der Abteilung frei, ob sie lieber im Einzelbüro oder auf der Teamfläche arbeiten wollten. Nach zwölf Wochen Auseinandersetzung war das Vertrauen zwischen Management und besagtem Team freilich schwer belastet, teilweise dauerhaft zerrüttet. Mehrere hochqualifizierte Fachkräfte verließen im Zuge dieser gescheiterten Veränderung den Mittelständler.
Wie New-Work-Projekte ein Erfolg werden
Das Beispiel zeigt, dass Unternehmen jeder Größe wohl beraten sind, ihre Beschäftigten bereits in die Konzeptionsphase von Um- oder Neubauten einzubinden. Arbeitgeber müssen bedenken, dass New-Work-Konzepte nicht automatisch von allen Mitarbeitenden gewollt werden. Daher können sie nur dann erfolgreich sein, wenn die Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen einbezogen wurden.
Schließlich sind sie es, die in den Office-Offices einen Großteil ihrer Arbeitszeit verbringen sollen. Und zwar – bei entsprechender Altersstruktur – generationsübergreifend. Es sollen sich also sowohl die jungen Zoomer darin wohlfühlen als auch die rentennahen Boomer sowie die Fachkräfte der ihnen folgenden Generationen X und Y. Ein Gebäude nur an den Bedürfnissen einer Generation auszurichten, wäre sehr kurzsichtig.
Workshop-Reihe und klarer Rahmen
Doch was sollte man genau tun, damit ein New-Work-Projekt ein Erfolg wird? Wir von viadoo empfehlen:
- Ganz am Anfang sollten sich Führungskräfte unbedingt mit den grundlegenden psychologischen Faktoren von Veränderungsprozessen anhand von Change-Modellen vertraut machen und sich in Empathie üben. Welche angenehmen und unangenehmen Gedanken und Emotionen können bei den Mitarbeitenden entstehen? Wie reagieren Menschen auf Veränderungen und wie können wir damit umgehen? Was ist der bestmögliche Weg sie von Anfang an mit ihren Ideen, Wünschen und Ängsten einzubeziehen und sie zu einer aktiven Mitgestaltung anzuregen?
- Anschließend würde mit Vertretern aller Generationen aus Schlüsselabteilungen eine Workshop-Reihe durchgeführt. Dabei sammeln die Teilnehmenden ihre Anforderungen an künftige Raumkonzepte, kategorisieren und priorisieren sie. Dieses Vorgehen schließt freilich eine vorherige Festlegung auf ein bestimmtes Konzept aus.
- Natürlich muss das Management vorher den Rahmen klar definieren und kommunizieren, innerhalb dessen sich die Mitarbeitenden in das neue Raumkonzept werden einbringen können. Das unterstützt das Erwartungsmanagement und senkt die Wahrscheinlichkeit für Enttäuschungen, Widerstände oder gar ungewollte Fluktuationen.
- Nicht zuletzt deshalb sollte auch von Beginn an allen klar sein, dass jeder Beteiligte Abstriche von seinen Idealvorstellungen des neuen Raumkonzeptes wird machen müssen.
Eine Pilotfläche zum Testen und Optimieren
Neben dem klassischen Informations- und Beteiligungsmanagement können dann ähnlich wie bei der Digitalisierung kleine Inseln der Veränderung hilfreich sein. Bei Digitalisierung und KI sind es „Digital Units“, bei Raumkonzepten wären es New-Work-Pilotflächen. So würde etwa auf der Basis der Workshop-Ergebnisse in einem musterhaften Flur Pool-Arbeitsplätze, Besprechungsecken, Meeting Points etc. integriert und einsatzbereit gemacht. Beschäftigte könnten anschließend die neue Umgebung für eine gewisse Dauer testen und Feedback geben. Außerdem empfehlen wir, dass sich diejenigen, die später in einer offeneren Arbeitsstruktur tätig sind, Regeln zur gegenseitigen Rücksichtnahme erarbeiten.
Foto: © D. Faust / viadoo GmbH
Autor(en)
Dominik is founder of viadoo and has managed change and communication projects for SMEs as well as DAX corporations like Airbus, BMW, ESG, IABG, KMW, MTU, MTRI, OHB, RUAG, ZF. Based on his expertise, he is very familiar with the importance of the human factor for the success of change projects. The human side of transformation is close to his heart. Dominik combines certified change competence with multimedia storytelling expertise and operational change leadership experience with a high level of methodological competence.